LinkedIndex 2021: So kommunizieren deutsche CEOs auf LinkedIn

Heute reicht es nicht mehr aus, als Führungskraft nur über Erfahrung und Fachwissen zu verfügen. Eine weitere äußerst wichtig Voraussetzung ist es, ein guter Kommunikator zu sein. Nicht nur im Meetingraum mit den Mitarbeitern, sondern auch mit der Presse und in den sozialen Medien, wie LinkedIn. Ein gut vernetzter, empathischer CEO, der authentisch im Netz kommuniziert, ist der CEO der Zukunft. Auf LinkedIn sichtbar zu sein und die eigene Arbeit als Führungskraft zu präsentieren gilt als Arbeit und wird noch immer von vielen Führungskräften gescheut. Aber es gibt Ausnahmen und gute Vorzeigebeispiele.

Das zweite Jahr in Folge hat sich die PR Agentur Palmer Hargreaves mit den LinkedIn-Aktivitäten deutscher Unternehmen intensiv beschäftigt. Es wurden über das ganze Jahr 2021 verteilt 104 H-DAX-Vorstände, deren Profile und Aktivitäten auf LinkedIn analysiert. (H-DAX: DAX- MDAX und TecDAX-Unternehmen) und den LinkedIndex für 2021 ermittelt. Sie erhalten Antworten auf die folgenden Fragen:

  • Wer sind eigentlich die deutschen Börsen-CEOs? Wie aktiv sind sie?
  • Welche sozialen und kommunikativen Rollen übernehmen sie?
  • Wer hat die meisten Follower?
  • Wer interagiert besonders viel?
  • Wie unterscheidet sich das Kommunikationsverhalten der CEOs von 2021 mit dem Jahr 2020?

Palmer Hargreaves hat für die Studie, welche im März 2022 veröffentlicht wurde, eine gigantische Menge an Daten ausgewertet und das Jahr 2021 mit seinen Höhen und Tiefen betrachtet.

Waren die CEOs noch vor wenigen Jahren gar nicht in Social-Media aktiv, so weiß man heute, dass das LinkedIn-Verhalten eines CEOs den Börsenkurs durchaus beeinflussen kann. Die Studie liefert uns daher ganz interessante Einblicke, um von den Großen lernen zu können und auch zu erkennen, wo noch Nachholbedarf besteht.

ESG , die messbare Nachhaltigkeit in den Bereichen Umwelt, Soziales und Unternehmensführung (ESG steht für Environment, Social und Governance) wurde als eigenes Thema im LinkedIndex analysiert.

Übersicht der Analyse-Daten

  • Ausgewertet worden sind 104 Vorstandsvorsitzende aus dem H-DAX.
  • Insgesamt wurden 2500 Beiträge aus dem Jahr 2021 ausgewertet sowie 1.700.000 Reaktionen.
  • Die 10 performantesten Personen bilden den LinkedIndex, es wurde wieder eine Ranking der 10 stärksten CEOs ermittelt.
  • Der 1. Teil der Analyse besteht aus Zahlen und Fakten wie der Anzahl der Follower, Reaktionen, Anzahl Beiträge etc.
  • Der 2. Teil beschäftigt sich mit den Posting-Strategien, Mustern für Content und die Rolle der CEOs in der Kommunikation.
  • Unter Berücksichtigung einiger Faktoren blieben von den ursprünglich 104 nur noch 43 CEOs für den Index übrig. Darunter sind 3 weibliche CEOs und 40 männliche. Im vergangenen Jahr wurde nur eine einzige weibliche Person einbezogen.
  • Von den 104 CEOs haben 71 Personen ein LinkedIn-Profil und 43 Personen sind auch aktiv. Aus diesem Grunde wurde die Analyse schlussendlich mit diesen 43 Personen und deren LinkedIn-Aktivitäten durchgeführt. Die anderen hatten teils keine Profile oder waren bisher kaum aktiv. Genau hier sieht man, dass LinkedIn noch nicht in allen Chefetagen angekommen ist und die Prioritäten sehr oft doch noch anders gesetzt sind.
  • Von den 104 CEOs sind 99 männlich, 5 weiblich.
  • 69 aus Westdeutschland, 4 aus Ostdeutschland, 31 aus dem Ausland
  • 46 sind Boomer (geboren zwischen 1946 und 1964), 54 Generation X (1965 – 1980), 4 Generation Y (geboren ab 1980).

H-DAX und Frauenanteil

Leider ist der Frauenanteil in dem Bereich sehr gering, was an der Auswahl der H-DAX-Unternehmen liegt. Hätte man eine andere Unternehmensauswahl getroffen, wäre der Anteil weiblicher CEOs wohl höher. Wir haben da bereits einige sehr gute Beispiele aus dem deutsch-sprachigen Raum, welchen ich selbst auch gerne folge. Leider fallen Sie nicht unter den H-DAX. In Sachen Diversity in den DAX-, MDAX- TecDAX-Unternehmen gibt es daher in den kommenden Jahren noch so Einiges zu tun. Würde man die Studie auf andere Kategorien ausweiten, würde die Situation sicherlich anders ausschauen.

Einige Ergebnisse

  • Das diesjährige Ranking zeigt große Unterschiede zum letzten Jahr. Das Niveau der aktiven CEOs hat stark zugenommen, die Kommunikation ist vielfältiger und professioneller geworden, allerdings gibt es weiter Potenzial nach oben.
  • Herbert Diess von VW kommt wieder auf den 1. Platz, er kommuniziert sehr vielseitig und Tim Höttges, Telekom (2) sticht durch sehr gutes Community-Management heraus.
  • Platz 3 belegt der Gründer von Delivery Hero, Niklas Östberg. Er fällt durch eine sehr authentische Kommunikation auf.
  • Neu auf dem Platz 4 ist Roland Busch von Siemens.
  • Auch neu ist Melissa Di Donato von SUSE. Sie ist auch gleichzeitig die erste Frau unter den Top 10 dieser Studie.
  • Ola Källenius, CEO bei Mercedes Benz, teilte den erfolgreichsten Post eines deutschen CEOs und erhielt ganz besonders viele Reaktionen.
  • Einige fokussieren sich vor allem auf Markenkommunikation, andere auf den Arbeitsalltag als Führungskraft. Noch andere informieren vorrangig über ihr Fachgebiet.
  • Als LinkedIn-Profiloptimiererin sehe ich auch Potenzial bei den Profilen an sich. Da wird kein Profilfoto angezeigt, manch Hintergrund-Banner ist nicht perfekt ausgerichtet und die unterschiedlichen Sprachversionen, falls es das gibt, sind nicht 100% optimal eingerichtet.

Die folgenden Index-Faktoren hat Palmer Hargreaves ermittelt: Follower, Engagement Rate, Anzahl der Beiträge, Anzahl der Artikel, Audience Activity, Owner Interactions und das Community Management. Die Studie stellt die folgenden Ergebnisse übersichtlich in Tabellen dar.

Follower

In Sachen Followerzahl bleibt Herbert Diess von VW (letztes Jahr mehr als 148.000 Follower, dieses Jahr 245.000 Follower) der Spitzenreiter, gefolgt von Christian Klein (SAP) und Ola Källenius von Mercedes-Benz. Beide sprechen vor allem über nachhaltige digitalisierte Industrie. Der 10. Platz verfügt über nur noch 38.000 Follower, was auch beachtlich ist, da Roland Busch von Siemens im vergangenen Jahr noch nicht im Index inkludiert war.

Engagement Rate

Dieses Jahr wurde die Engagement Rate verändert – die Interaktionsbereitschaft der CEOs wurde mehr gewichtet. Im vergangenen Jahr war diese etwas in die Kritik geraten.

Wie wird sie berechnet? Die Interaktion der vom CEO geteilten Beiträge im Verhältnis zur Reichweite und den Followern. Angegeben wird die Rate in %. Spannend, denn es gibt Beispiele für CEOs mit relativ niedriger Followerzahl aber recht hoher Engagement-Rate. Hier zu nennen Daniel Grieder, tätig als CEO für Hugo Boss, für die Textilwirtschaft und Stefan Klebert für den Industriezulieferer GEA. Ersterer hat eine Rate von 10,14 %, Herr Klebert 9,66 %.

Anzahl der Beiträge

Dieser Index-Faktor zeigt am deutlichsten, wie häufig die Person auf LinkedIn postet.

Auch wenn die beiden CEOs aus der Automobilbranche sehr aktiv Beiträge veröffentlichen, ist hier der absolute Spitzenreiter Melissa Di Donato von SUSE. Sie postet sehr häufig, teilt andere Beiträge oder Links, Bilder etc. Sie hat im Jahr 2021 beachtliche 245 Beiträge veröffentlicht. Grob gesagt, 5 x die Woche. Bei Herbert Diess sind es 131 Beiträge, bei Tim Höttges 121. Platz 10 belegt Markus Steilemann mit nur 85 Beiträgen, was dennoch mehr als ein Beitrag pro Woche bedeutet. Ich empfehle derzeit, ca. 3 mal die Woche auf LinkedIn einen (Kurz)-Beitrag zu veröffentlichen.

Artikel

Ein gutes Tool, um auch Corporate Blogs auf LinkedIn zu teilen. Da die maximale Zeichenlänge für Beiträge 2021 von 1300 auf 3000 verlängert worden ist, macht das Bloggen ggf. für viele CEOs nicht so viel Sinn. Zumindest nutzen nicht alle der 43 die Möglichkeit, regelmäßig Artikel zu veröffentlichen. Sieger in dieser Kategorie ist Tim Höttges von der Telekom, er postet seine Artikel sogar zweisprachig und erreicht somit ein breites Publikum. 2021 hat er 14 Blogartikel auf LinkedIn veröffentlicht.

Aktivitäten der Zielgruppe (Audience Activity)

Hier wird das Engagement der Follower gemessen. Auch hier sind die CEOs aus der Automobilbranche sehr stark. Dennoch ist der Spitzenreiter Christian Klein von SAP, seine Beiträge scheinen den Nerv der LinkedIn-Zielgruppe besonders stark zu treffen.

Community Management

Des Weiteren misst der Index das Community Management, also die Aktivitäten des CEO mit seiner Zielgruppe bezüglich der eigenen Beiträge. Bekanntlich sind ja Interaktionen in Social Media besonders wichtig, denn es macht keinen Sinn, nur einseitig mit Beiträgen zu kommunizieren, es kommt also auch auf die Interaktionen an. Melissa Di Donato ist besonders engagiert und bedankt sich z.B. für Kommentare.

Qualitative Auswertung der Inhalte

Beim genaueren Blick auf die Inhalte der Beiträge der CEOs lassen sich gewisse Muster erkennen. Das Team von Palmer Hargreaves konnte zehn Content-Kategorien ermitteln.

In meinen LinkedIn-Kursen, z.B. für die Akademie der Bayerischen Presse besprechen wir auch einen Fragebogen zur Marke „Ich“. Die Teilnehmer erhalten dadurch Themen-Kategorien, welche sie in den sozialen Medien besprechen könnten.

In der Studie sehe ich ähnliche Themen-Muster für LinkedIn-Beiträge, welche für Einsteiger als auch Fortgeschrittene LinkedIn-Nutzer eine gute Leitlinie sind, um die Themenplanung vielseitig zu gestalten. Alleine mit der Konzentration auf ein Beispiel zu jedem der folgenden Punkte kann man zwei Wochen lang auf LinkedIn aktiv werden. Ich habe mal fünf der zehn Themen hier aufgegriffen:

  1. Persönliche Beiträge: Hier geht es um Themen, die den Menschen hinter der CEO-Funktion zeigen sollen. Persönliche Beiträgen, die Gefühle zeigen, haben in den letzten 1-2 Jahren sehr zugenommen und werden sowohl vom Algorithmus als auch von den Followern gerne angenommen. Wie weit man mit den persönlichen Themen wirklich gehen möchte, sollte jede Person, jede Führungskraft für sich selbst entscheiden. Themen rund um die Familie, Tiere, Hobby, Sport sind auf LinkedIn sehr willkommen. Im Zuge der aktuellen politischen Lage, der Flüchtlingswelle sind auch Posts rund um die Aufnahme von ukrainischen Flüchtlingen populär. Geschickte Kommunikatoren verknüpfen das persönliche Thema mit der Unternehmensbotschaft.

2. Berufliche Beiträge: Diese Art Beiträge nahmen letztes Jahr noch den größten Raum ein. Dabei geht es vorrangig um die Leistung des Unternehmens: Produkte, Dienstleistungen, neue Erkenntnisse, Ankündigungen. Welche Ziele wurden erreicht, strategische Entscheidungen können kommentiert werden. Dazu gehören auch Quartalszahlen, Meilensteine des Unternehmens, Wechsel personeller Art. Ein Großteil dieser Beiträge kann inhaltlich von der PR-Abteilung bereit gestellt werden.

3. Lehrreiche Beiträge: Hier hier sind es meistens berufliche Themen bzw. Branchen-Themen, welche punkten. Der Empfänger bzw. das LinkedIn-Mitglied hat einen klaren Nutzen aus dem Beitrag, lernt Posten Sie Daten und Fakten, Infografiken oder Hintergrundberichte mit Zahlen. Wichtig: Verwenden Sie immer verlässliche Quellen-Angaben.

4. Unterwegs: Termine vor Ort, auf Messen, meist mit Bildern, Gruppenbilder oder Aufnahmen von Bühnen, von Vorträgen, bei Interviews. Diese eignen sich auch besonders, um andere Personen zu taggen. Wenn wieder mehr Reisen möglich sind, sollten diese unbedingt wieder die LinkedIn-Newsfeeds bespielen.

5. Gesellschaftlich: Soziales Engagement der Einzelperson oder mal ein Kommentar zur gesellschaftspolitischen Lage. Aufpassen sollte man dann aber schon: Der CEO positioniert sich als moralischer Akteur. Aufgepasst: Hier gelangt man auch recht schnell aufs Glatteis. Bei Unsicherheiten lieber immer einen Kommunikationsexperten zu Rate ziehen.

Wie die Analyse zeigte und wie ich es auch gerne empfehle: Es darf auch mal anlassbezogen zu einem populären Film, einer Kulturveranstaltung gepostet werden. Personal Branding besteht nicht nur aus Themen rund um die berufliche Expertise. Erfahrungsgemäß bekommen die Beiträge, welche sich etwas weiter weg vom Berufsthema bewegen, besonders viel Engagement.

Wer in der Lage ist, seine Inhalte authentisch und auf nahbare Weise zu vermitteln, erreicht eine hohe Glaubwürdigkeit. Die Königsklasse beherrscht es, berufliche Inhalte mit den gesellschaftlichen Themen zu kombinieren. Sobald mehr Persönlichkeit und Emotionen gezeigt werden, erreicht man ein größeres Publikum als mit einer einfachen Pressemitteilung. Der Anteil der gesellschaftlichen Beiträge ist im Vergleich zum Vorjahr deutlich gestiegen. Im Vorjahr, also in 2020 herrschten die beruflichen Themen noch vor.

Welche Formate sind bei den CEOs am beliebtesten?

Die häufigsten Beiträge enthalten ein Foto. Dieses Format bevorzugen die beobachteten CEOs auch, wenn sie kommentieren oder liken. Ich nutze diese Form der Beiträge auch am liebsten und habe auch den Eindruck, dass der Algorithmus sie gut findet. An zweiter Stelle steht das Teilen von anderen Beiträgen. Vermutlich verwenden sie dann die Beiträge der Unternehmensseite.

Ole Källenius hat 2021 das erfolgreichste Video aller Teilnehmer gepostet, welches sage und schreibe mehr als 16.000 Likes erhalten hat. Worum es im Video geht und was er alles „richtig“ gemacht hat, wird in der LinkedIndex-Studie näher beschrieben.

Mein Fazit:

Sehr spannend zu sehen, wie sich einige Themen verändert haben, dass die Häufigkeit der Beiträge stark zugenommen hat. Die Analysemethodik wurde weiter angepasst und verfeinert, weitere Faktoren wurden hinzugefügt, so dass die Analyse noch aussagekräftiger ist alles 2020. Wurden letztes Jahr 1200 Beiträge ausgewertet, waren es diesmal sogar 2500. Wir sehen, dass LinkedIn in zumindest vielen Chefetagen angekommen. Dennoch, die weiterhin hohe Anzahl an nicht vorhandenen oder nicht betreuten Profilen macht auch nachdenklich und zeigt, dass wir in Deutschland nach wie vor hinterherhängen. Werden die fehlenden CEOs dieses Jahr noch auf diesen wichtigen Trend aufspringen? Wenn nicht, können sie es sich leisten? Wird ein gefülltes und aktiv-genutztes LinkedIn-Profil das Must-Have für zukünftige CEOs?

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