Selbstmarketing für Führungskräfte – Einblicke in die CEO-LinkedIndex-Studie

Anfang Februar 2021 wurde ich von der PR Agentur Palmer Hargreaves über eine für mich recht interessante Studie informiert: Es handelt sich um den LinkedIndex, eine Studie zur LinkedIn-Nutzung deutscher CEOs, welche im 2. Halbjahr 2020 durchgeführt wurde.

Inzwischen hatte ich die Zeit, mir die Analyse etwas genauer anzuschauen und möchte hier darüber berichten.

Genau genommen wurde die Studie zwischen dem 1.7.2020 und dem 31.12.2020 durchgeführt. Von den 100 untersuchten CEOs hatten im Beobachtungszeitraum 62 ein LinkedIn-Profil. 53 CEOs davon nutzten ihr Profil aktiv und erreichten mit Artikeln und Posts zusammengenommen mehr als eine Million Follower.

Leider gibt es unter den 100 CEOs nur 4 Frauen, welche es nicht unter die Top 10 geschafft haben. Nur eine der weiblichen Führungskräfte hat ein vollständiges Profil. Es bleibt zu hoffen, dass es im kommenden Jahr einen höheren Anteil an weiblichen Führungskräften mit gut gepflegten LinkedIn-Profilen gibt.

Die Studie wurde in einen quantitativen und einen qualitativen Teil unterteilt. Es ging dabei einerseits um die Zahlen wie Reichweite, Anzahl der Follower etc., aber auch um die soziale Rolle, die Vorbildfunktion der Person. Insgesamt wurden 1200 Postings und 865.000 Reaktionen ausgewertet.

Warum sollten sich CEOs / Unternehmenschefs in den sozialen Medien engagieren?

  • Der moderne, zeitgemäße CEO soll und will erkennbar sein und in der Außenwelt wahrgenommen werden. Das Führen einer professionellen digitalen Visitenkarte ist für ihn/ sie auch eine Art Leistungsnachweis. In der Studie wird sogar von wirtschaftlichen Gallionsfiguren und prominenten Markenbotschaftern gesprochen.
  • Heute ist es Teil des Jobs, weltweit sichtbar aktiv zu sein und als Führungskraft. Schon seit einiger Zeit zeichnet sich ein Trend zum Social CEO ab. Es geht heute nicht mehr nur um sachliche Leistung. Arbeit wird nicht nur erledigt sondern auch präsentiert: Vor Publikum wie Kollegen, der Konkurrenz, der interessierten Öffentlichkeit. Ganzheitliche Darstellung gewinnt an Bedeutung, man muß Überzeugungsarbeit in eigener Sache leisten.
  • Wer heute in der Arbeitswelt punkten möchte, muß ein individuelles Profil entwickeln. Es braucht eine unverwechselbare Kombination aus Kompetenzen und Eigenschaften um sich von anderen unterscheiden zu können.
  • CEOs sind Markenbotschafter und noch viel mehr: digitale Öffentlichkeitsarbeit ist gefragt. Erfolgreiche Kommunikation in sozialen Netzwerken ist Teil des Jobs, der Zielvereinbarungen.
  • Wenn ein CEO einen Artikel über eine Person des öffentlichen Lebens teilt, kommuniziert er/ sie damit auch, dass er dieses Medium liest, wo darüber geschrieben wird, man sich Gedanken über die gleichen Themen wie beispielsweise der Leser macht.

Wie ist das mit der privaten Seite der CEOs?

Engagieren sie sich in den sozialen Medien, verschwimmen die Grenzen zwischen privaten Interessen und beruflichem Engagement. Das ist fast unvermeidbar. Eine reine berufliche Kommunikation in den sozialen Medien ist zwar möglich, macht es aber doch recht einseitig. Eine runde Sache wird es, wenn hin- und wieder die Person hinter der Fassade durchschimmert.

Der bewusste Wechsel der Rolle von der Führungskraft zum Familienvater, Sportler, Hundebesitzer oder auch überzeugten Demokraten hat einen starken Effekt: Dadurch wird auch die sonst eher steife Stimmung aufgelockert. Für diese Art Beiträge eignen sich dann Einstiegssätze wie „Heute mal in eigener Sache…. „ oder „Sonst bin ich ja hier als X unterwegs, heute geht es mir um Y….“

Wichtig dabei ist es, sich stringent an die Regeln seiner Rolle zu halten. Authentizität entsteht nur, wenn man sich zuverlässig im Rahmen seiner Rolle bewegt. Nehmen wir doch mal als Gegenbeispiel den Veganer, der Porsche mit Ledersitzen fährt.

Das Publikum, die Follower wollen die Person bei der Ausübung der Rolle „beobachten“. Es heißt ganz klar: „Show, don‘t tell“. Bilder aber auch fundierte Antworten auf Fragen sind dann nötig. Bei der Nutzung meines persönlichen LinkedIn-Profils ist mir aufgefallen, dass Beiträge, wo ich im Bild zu sehen bin, besonders beliebt sind. Es beweist, dass wir alle nur soziale Wesen sind, die neugierig sind, wie es der Person geht, wie sie ausschaut und was sie tut.

Die 10 Top CEOs auf LinkedIn und ihre Profile:

Meine Empfehlung ist es, den oben aufgeführten CEOs oder zumindest Einigen zu folgen. Die Hintergrundbanner, die Auswahl der Beiträge bzw. auch die Art und Weise, wie das Profil ausgefüllt worden ist, können als gute Beispiele verwendet werden. Wer sich die Studie runterlädt, kann natürlich noch weiteren CEOs folgen, welche an der Studie beteiligt waren.

Schade, und das ist wohl einer der Kritikpunkte der Studie, ist es, dass unter den Top 10 keine weiblichen Beispiele dabei sind.

Was können wir aus den Ergebnissen herauslesen?

– Alle Top 10 CEOs verfolgen eine wirkungsvolle Strategie der Selbstpräsentation und sind äußerst aufmerksamkeitsstark.

– Nicht jeder der Top 10 CEOs folgt der gleichen Strategie: Einer hat eine sehr hohe Engagement-Rate, der Nächste punktet vor allem bei gesellschaftlichen oder kollegialen Themen.

– Folgende Rollen werden dabei eingenommen: Markenbotschafter, Wissenschaftskommunikator oder Konzernstratege.

– Weitere Rollen können sein: entscheidungsstarker Anführer, weitsichtiger Stratege, umtriebener Manager, kreativer Visionär oder engagierter Wirtschaftsdiplomat.

– Fast 1/3 der Beiträge befassen sich mit beruflichen Themen.

– Christian Klein, SAP und Werner Baumann, Bayer äußern sich am liebsten zu gesellschaftlichen Themen, Herr Källenius, Daimler vorrangig zur Produktkommunikation.

– Der Top-Poster ist Herbert Diess mit 102 Beiträgen innerhalb der 6 Monate. Das entspricht knapp 4 Beiträgen in der Woche. Bei der Rubrik Blogbeiträge punktet er mit 11 Artikeln, also ungefähr fast alle zwei Wochen wurde ein neuer Artikel veröffentlicht.

– Auch wenn die Studie das nicht expliziert erwähnt, so ist davon auszugehen, dass die CEOs von Agenturen oder internen Kommunikationsberatern unterstützt werden.

– Der ehemalige CEO von Metro, Olaf Koch zeigt ein Beispiel, wie es eigentlich nicht laufen sollte. Er hat das Profil bzw. Foto und Hintergrund nach dem Ausscheiden aus dem Unternehmen gelöscht. Hier wird klar, dass das Profil nur als Vertriebskanal für das Unternehmen genutzt wurde, nicht als wirkliches persönliches Profil. Schade.

Selbstmarketing vom Feinsten

In meinen LinkedIn-Kursen, z.B. für die Akademie der Bayerischen Presse besprechen wir auch einen Fragebogen zur Marke „Ich“. Die Teilnehmer erhalten dadurch Themen-Ideen, welche sie in den sozialen Medien besprechen bzw. posten könnten.

In der LinkedIn-Index-Studie gab es auch ein paar Themen-Muster für LinkedIn-Beiträge, welche für Einsteiger eine gute Leitlinie sind, um die Themenplanung vielseitig zu gestalten. Alleine mit der Konzentration auf ein Beispiel zu jedem der folgenden Punkte können eine Woche lang Beiträge erstellt werden:

  1. Persönliche Beiträge: Der Mensch hinter der Funktion: Die Themen können über die Familie, Tiere, Hobby, Sport sprechen. Gerne darf auch Humor dabei sein. Geschickte Kommunikatoren verknüpfen das Persönliche mit der Unternehmensbotschaft.
  2. Berufliche Beiträge: Diese Art Beiträge nehmen sicher meist den größten Anteil ein. Dabei geht es meistens um die Leistung des Unternehmens. Welche Ziele wurden erreicht, strategische Entscheidungen können kommentiert werden. Dazu gehören auch Quartalszahlen, Meilensteine des Unternehmens, Wechsel personeller Art.
  3. Lehrreiche Beiträge: Hier hier sind es meistens berufliche Themen bzw. Branchen-Themen, welche punkten. Posten Sie Daten und Fakten, Infografiken oder Hintergrundberichte mit Zahlen. Wichtig: Verwenden Sie immer verlässliche Quellen-Angaben.
  4. Werbliche Beiträge: Auch das sind Beiträge im beruflichen Kontext: Produkte oder Dienstleistungen des Unternehmens werden vorgestellt. Aus meiner Erfahrung passen ca. 90% der LinkedIn-Aktivitäten von Unternehmen in diese Kategorie.
  5. Unterwegs: Termine vor Ort, auf Messen, meist mit Bildern, Gruppenbilder oder Aufnahmen von Bühnen, von Vorträgen, bei Interviews. Diese eignen sich auch besonders, um andere Personen zu taggen. Wenn wieder mehr Reisen möglich sind, sollten diese unbedingt wieder die LinkedIn-Newsfeeds bespielen.
  6. Gesellschaftlich: Soziales Engagement der Einzelperson oder mal ein Kommentar zur gesellschaftspolitischen Lage. Aufpassen sollte man dann aber schon: Der CEO positioniert sich als moralischer Akteur. Aufgepasst: Hier gelangt man auch recht schnell aufs Glatteis. Bei Unsicherheiten lieber immer einen Kommunikationsexperten zu Rate ziehen.

Blick auf das CEO-Profil von Tim Höttges der Deutschen Telekom

Der Vorstandsvorsitzende erreicht den 4. Platz, aus meiner persönlichen Perspektive nimmt er den 1. Platz ein. Warum? Schauen wir doch mal gemeinsam auf das Profil und die Aktivitäten:

  • Branding im Hintergrundbanner sowie der Hintergrund des Profilfotos strahlen in der Farbe pink.
  • Im Info-Text können wir lesen: „Es liegt in unserer Natur: Wir brauchen den Austausch mit anderen Menschen, um uns zu entwickeln. Teilen ist Nähe. Deshalb teilen wir, was uns wichtig ist, mit denen, die uns wichtig sind.“ Was kann man Besseres in diesem Text schreiben, um zu zeigen, wie wichtig die persönlichen Beziehungen bzw. die Interaktionen sind?
  • Der Info-Text wird in der „Wir-Form“ geschrieben. Als Repräsentant des Unternehmens kann das Sinn machen, obwohl ich sonst meistens für das Personal Branding die „Ich-Form“ empfehle. Sein Profil wird für die Unternehmenskommunikation eingesetzt, das zeigt auch die Verlinkung auf das Impressum der Telekom-Webseite.
  • Bisher wurden von ihm 48 Blogartikel auf LinkedIn veröffentlicht. U.a. geht es um Themen wie „Pandemie und das Impfen“, im Juni 202 um die Corona-Warn-App, aber auch Themen wie Ökologie, Ökonomie, soziales Handeln, Social-Media-Grundsätze der Deutschen Telekom und deren Einstellungen zur Home-Office-Diskussion. Interessant ist auch, dass seine Artikel auf Deutsch und auf Englisch publiziert werden, so dass auch ein internationales Publikum auf seine Kosten kommt.
  • Seine Beiträge sind vielseitig gestaltet: Unternehmensvideos, Fotos im Selfie-Style, Ankündigungen von Kooperationen, soziales Engagement der Deutschen Telekom und vieles mehr.

Durch Likes und Kommentare schenkt er Mitarbeitern Wertschätzung, was schlussendlich zu gesteigerter Motivation im Team führen kann. Und ganz wichtig: Er lebt vor, was von Mitarbeitern aufgegriffen werden kann und sollte: Kommuniziert der Chef in den sozialen Medien, geht er mit gutem Beispiel voran und zieht andere mit sich. Genau das vermissen wir in anderen deutschen Unternehmen noch.

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