Corporate Influencer-Programme: Es braucht Transparenz und klare Strukturen

Birgit Peuker kommt aus Oberösterreich und arbeitet an der Entwicklung von Corporate Influencer Programmen, mit dem Ziel, die Unternehmen durch die aktiven Mitarbeitenden sichtbarer zu machen. Dass sie sich richtig gut mit dem Thema auskennt, zeigt ein Influencer-Programm der Firma Melecs EWS GmbH, für welches Sie im Jahr 2023 ein erfolgreiches Influencer-Programm aufgestellt hat.

Ihr Credo: „Ich berate Selbständige und KMU. Marketing, das echt ist und zu deinem Business passt.“

  1. Welches sind aus Deiner Sicht die 5 wichtigsten Punkte, die man vor Beginn des Starts eines Corporate Influencer Programms berücksichtigen sollte?

1. GESCHÄFTSFÜHRUNG AN BORD HOLEN: Bevor ein Corporate Influencer Programm ausgerollt wird, sollte die Geschäftsführung an Bord geholt werden.
Wenn das Management hinter dem Programm steht, vermittelt das den Teilnehmern Sicherheit und Kommittent von oberster Ebene. Das ist ein enorm wichtiger Faktor, damit so ein Programm auch erfolgreich sein kann. Wenn das Programm Bottom-up, also von den Mitarbeitern selbst initiiert wird, lohnt es sich, gleich zu Beginn Unterstützer und Befürworter aus dem Management zu gewinnen, um das Programm großflächig auszurollen.

2. GUIDELINES: Natürlich brauchen nicht nur die Mitarbeiter Sicherheit, sondern auch das Unternehmen selbst. Daher sollten vor Start einer solchen Initiative die Rahmenbedingungen in Form von Guidelines festgelegt werden. Ich rate dazu, Social Media Guidelines zu erstellen, die für alle Mitarbeiter Gültigkeit haben. Für die Mitarbeiter, aber natürlich im Besonderen für die Corporate Influencer ist es wichtig zu wissen, was erlaubt bzw. erwünscht ist und worauf sie rechtlich achten müssen.
Bei Melecs haben wir zusätzlich auch noch extra Corporate Influencer Guidelines konzipiert, die die Teilnehmer in ihrem professionellen Auftritt auf Social Media unterstützen sollen, indem sie Tipps und Tricks enthalten.

3.KOMMUNIKATION: Um Mitarbeiter für eine derartige Initiative zu gewinnen, braucht es transparente Kommunikation zum Programm. Wir haben dafür Webinare und Infoveranstaltungen abgehalten und das Programm auf allen weiteren firmeninternen Kommunikationskanälen, wie Intranet und Mitarbeiter-Newsletter publik gemacht.

Ich empfehle zusätzlich zu den Infoveranstaltungen, die Mitarbeiter, die bereits auf Social Media aktiv sind, direkt anzusprechen und zur Teilnahme einzuladen.

4. STRUKTUREN: Vor Start des Programmes sollten die Strukturen stehen. Damit meine ich, dass es im Idealfall ein Kernteam oder bei kleineren Unternehmen einen Leiter des Corporate Influencer Programmes gibt, der sich als Head um alle wesentlichen Rahmenbedingungen annimmt und Ansprechperson für die Teilnehmer ist.
Ebenfalls zur Struktur zählt für mich der Aufbau der Meetingkultur. Für den regelmäßigen Austausch braucht es Treffen, on- wie offline. Für online Meetings eignen sich Plattformen, die für alle zugänglich sind und im besten Fall schon zur Kommunikation im Unternehmen genutzt werden. Bei Melecs wurde bspw. MS Teams dafür genutzt.

Darüber hinaus sollten die Corporate Influencer durch Wissensvermittlung befähigt werden, ihre Rolle bestmöglich wahrzunehmen. D.h. es braucht auch eine Ausbildung, welche die Teilnehmer durchlaufen. Darin sollte Wissen zu Social Media vermittelt werden, aber auch praktische Tools zur Content Produktion in die Hand gegeben werden. Ein Grundkonzept sollte in jedem Fall schon zu Beginn feststehen. Bei Melecs sind wir neben der verpflichtenden Basisschulung auch stark auf die Bedürfnisse der einzelnen Teilnehmer eingegangen.

5. ZEITRESSOURCEN: Vorab sollte auch das Thema Zeitressource klar abgesteckt werden. Demnach sollte geklärt sein, ob die Teilnehmer innerhalb der Arbeitszeit ihre Aktivitäten auf Social Media durchführen dürfen, was ich unbedingt empfehle. In Abstimmung mit dem jeweiligen Vorgesetzten dürfen die Teilnehmer bei Melecs ihre Rolle als Corporate Influencer ausüben. Das Tagesgeschäft darf dabei natürlich nicht vernachlässigt werden. Und jene Corporate Influencer, die besonders rasch und nachhaltig sichtbar werden wollen, gehen meist ohnehin ihre „Extrameile“, auch außerhalb der Arbeitszeit.

Birgit Peuker berät Unternehmen zu Corporate-Influencer-Programmen

2) War Euer CEO von Anfang an begeistert von der Idee oder war Überzeugungsarbeit nötig?

JA, definitiv brauchte es für dieses komplett neuartige Konzept Aufklärungsarbeit. Für Melecs war das ein neuer, bisher nicht genutzter Zugang zur Kommunikation – von der „One-Voice-Unternehmenskommunikation“ zur „Many-Voices-Kommunikation“ durch Mitarbeiter.
Dafür brauchte es Verständnis, dass eine solche Initiative nur dann erfolgreich sein kann, wenn die Werte Vertrauen und Wertschätzung gelebt werden. Das bedeutet, dass ein Stück weit auch die Kontrolle seitens des Unternehmens abgegeben werden muss, denn die Corporate Influencer posten ja ausschließlich auf ihren eigenen Social Media Accounts auf denen das Unternehmen nicht zugreift.
Die Corporate Influencer sind daher eigenverantwortlich für ihre Inhalte zuständig. Aus diesem Grund war es Melecs sehr wichtig, dass die Teilnehmenden eine solide Ausbildung für ihre Rolle als Corporate Influencer erhalten, um das Ganze auf professionelle Beine zu stellen.

Überzeugend sind bei der Entscheidung über ein Corporate Influencer Programm aber auch Effekte, wie das maßgebliche Vergrößern der Reichweite, da ja jeder Corporate Influencer auch sein eigenes Netzwerk mitbringt und kontinuierlich erweitert. Dadurch wird ein Unternehmen viel sichtbarer und die Bekanntheit wird dadurch erhöht.

Ein wichtiger Aspekt ist gleichermaßen der authentische Einblick, den Unternehmen durch solche Programme transportieren können. Jeder einzelne Teilnehmer wird mit seinen Posts zum Berührungspunkt für potentielle Bewerber, aber auch für mögliche Kunden. Dass Corporate Influencer damit auf die Ziele wie Social Recruiting und Social Selling einzahlen können, spricht des Weiteren für solche Programme.

3) Wie viele Mitarbeitende hattet Ihr in der 1. Runde mit dabei?

In die erste Runde sind wir mit 12 Teilnehmern gestartet und haben das Programm mit 11 beendet, was mich wirklich sehr gefreut hat, denn für uns stellte das einen wesentlichen Erfolgsfaktor dar. Wir hatten uns für das Pilotprojekt bewusst keine „harten“ KPIs wie bspw. das Erreichen einer bestimmten Reichweite oder ähnliches gesetzt. Uns war es für das Pilotprojekt wichtig, generell ein Wachstum zu erreichen und möglichst viele Teilnehmer über die gesamte Laufzeit im Programm zu halten. Das ist uns gelungen. Für die nächste Runde, die wir bereits gestartet haben, haben wir nun schon Vergleichswerte und es war wesentlich leichter konkrete Zahlenziele zu definieren.

4) Hast Du für das Programm neue Social Media Guidelines erstellt/ erstellen lassen? 

Ja, wir haben nicht nur neue Social Media Guidelines erstellt, die für alle Mitarbeiter Gültigkeit haben, sondern auch separate Corporate Influencer Guidelines, die nochmal tiefer in die Materie eintauchen und konkrete Tipps und Empfehlungen für die Corporate Influencer enthalten. Guidelines sind eine gute Orientierung und bieten für beide Seiten, also Unternehmen und Mitarbeiter Sicherheit. Im Grunde sollen damit Fehlern vermieden und Klarheit über die Rechte und Gefahren in sozialen Medien geschaffen werden.

Wichtig ist aber auch, dass Guidelines nicht nur ein „Papiertiger“ sind, sondern auch gelebt werden. Ich baue die Inhalte der Guideline in unserer Corporate Influencer Academy ein, um sie bei den Teilnehmern präsent zu halten.

5) Gibt es Themen, welche ihr den Mitarbeitenden direkt vorbereitet und sie dann posten oder entscheidet jeder nach seinem Geschmack, was er/ sie posten möchte? 

Die Teilnehmer sind grundsätzlich komplett frei, was sie posten. Klarerweise muss es eine Schnittmenge mit unternehmensrelevanten Themen geben. Aus diesem Grund definieren wir zu Beginn des Programmes mit jedem Teilnehmer diese Themenwelten ab. Innerhalb dieser Themenwelten agieren die Corporate Influencer völlig frei. Wir bieten zusätzlich dazu als Hilfestellung einen Themenschwerpunkt pro Monat an, welches der Corporate Influencer dann in einem seiner Postings im jeweiligen Monat aufgreifen soll. Das wird sehr gut angenommen. Die Teilnehmer haben damit schon einen Content fix vorgegeben, was für alle eine Erleichterung ist. Dabei entstehen für den jeweiligen Themenschwerpunkt ganz unterschiedliche Blickwinkel, was das Thema sehr authentisch und gewissermaßen ganzheitlich transportiert. Genau diesen Rund-um-Blick möchten wir den Lesern ermöglichen.

6) Wie häufig posten die einzelnen Markenbotschafter so im Schnitt im Monat? 

Im Schnitt gab es 2 Postings pro Monat je Teilnehmer. Die Häufigkeit, mit der die Teilnehmer Beiträge veröffentlicht haben, war sehr unterschiedlich. Manche haben mehrmals wöchentlich gepostet, andere hatten längere Intervalle. Für die Teilnahme zum Programm war die Bedingung, dass mindestens alle 2-3 Wochen gepostet wird, da es sonst wenig Effekt hat.
Bei vielen Teilnehmern kompensiert sich das, sodass trotz der unterschiedlichen Postingshäufigkeit eine gute Sichtbarkeit erreicht wurde. LinkedIn erfordert, um sichtbar zu werden, aktuell eine – aus meiner Sicht für solche Programme gut machbare –Postingfrequenz. So reicht es zurzeit alle zwei Wochen Beiträge zu veröffentlichen. Auf anderen Social Media Kanälen, wie TikTok oder Instagram sieht das ganz anders aus. Hier braucht es tägliche Posts, um sichtbar zu werden. Meine Empfehlung, um nachhaltig Sichtbarkeit aufzubauen auf LinkedIn, ist zumindest wöchentlich zu posten. Aber natürlich geht es nicht nur darum, selbst Inhalte zu erstellen und zu veröffentlichen, sondern auch darum auf der Plattform zu kommentieren und sich aktiv mit dem Netzwerk auszutauschen. Hier waren die Teilnehmer fast durchgängig täglich aktiv.

7) Posten Eure Mitarbeitenden während der Arbeitszeit oder auch mal am Wochenende? Habt Ihr das vertraglich geklärt?

Eine vertragliche Vereinbarung gibt es dazu nicht. Wir haben uns bei Melecs darauf verständigt, dass die Teilnehmer mit den Vorgesetzten abklären, inwieweit Zeit für die Tätigkeit als Corporate Influencer aufgewendet werden kann. Das Tagesgeschäft darf selbstverständlich nicht darunter leiden. Das Maximum sind 2h pro Woche, die in der Arbeitszeit dafür verwendet werden dürfen.

Jene, die aber maximal an der Sichtbarkeit arbeiten, gehen auch eine Extrameile und posten auch außerhalb der Arbeitszeit. Als Corporate Influencer wird ja nicht nur das Unternehmen sichtbarer, sondern vor allem der Mitarbeiter selbst für seine Expertise. So kann er/sie sich ein solides berufliches Netzwerk aufbauen und davon profitieren. Der eigene Benefit und die eigene Motivation stehen ganz oben bei Corporate Influencer Initiativen. Nur wenn die Teilnehmer ihr eigenes Warum kennen und den Sinn für sich gefunden haben, werden sie dranbleiben. Das ist für mich der wichtigste Erfolgsfaktor überhaupt bei Corporate Influencer Programmen.

Im Endeffekt ergibt sich eine WIN-WIN Situation für den Teilnehmer selbst und für das Unternehmen. Daher bergen diese Programme auch so viel Potential! Für mich sind Corporate Influencer Programme kein kurzlebiger Trend, sondern ein nachhaltiger Weg um sichtbar zu werden, den Unternehmen unbedingt nutzen sollten! Auch kleinere Corporate Influencer Programme mit bspw. nur 5 Personen zahlen auf Ziele, wie eine bessere Sichtbarkeit und dadurch bessere Markenwahrnehmung sowie Bekanntheit, ein!

Nutzen Eure Corporate Influencer alle LinkedIn? Habt Ihr Vorgaben zum Kanal gemacht?

Wir haben es den Corporate Influencern freigestellt, welchen Social Media Kanal sie nutzen möchten. Bis jetzt ergab sich aufgrund der persönlichen Zielsetzungen der Teilnehmer und auch des Unternehmens immer LinkedIn als die relevante Plattform.

Vielen Dank für Dein Engagement und Deine Zeit!

Beitragsfoto: Birgit Peuker fotografiert von ©pixelscreativefactory 

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