Die Spanier lieben Social Media, insbesondere Facebook, Youtube und Twitter. Wenn Sie häufiger mit spanischen Geschäftsleuten zu tun haben, kommt LinkedIn recht schnell ins Gespräch. Laut meiner Recherchen finden wir auf LinkedIn deutlich mehr Spanier als Deutsche. Je nach Berufsgruppe können das sogar mehr als doppelt so viele Spanier als Deutsche sein. Der Grund dafür ist, dass wir hier in Deutschland noch XING, das deutsch-sprachige Business-Netzwerk haben.
Julia Schwertfeger ist Geschäftsführerin von Schwertfeger & Martinez Santos GbR, einer Unternehmensberatung, welche vor allem spanische Unternehmen im Rahmen der Expansion nach Deutschland berät. Vorrangig ist sie für das E-Business Consulting, die Durchführung von interkulturellen Trainings und das Online-Marketing verantwortlich. Julia war so freundlich und hat mir einen kleinen Einblick in ihre Beobachtungen des spanischen Marktes und dessen Online-Kommunikationsverhalten gegeben.
Was sind Deine Beobachtungen zum spanischen Markt und wie wird LinkedIn dort genutzt?
Julia Schwertfeger: Im Prinzip ganz ähnlich wie bei uns in Deutschland wird LinkedIn genutzt, um nach Kooperationen und neuen Partnern zu suchen und um Promotion in eigener Sache zu machen. Des Weiteren wird es auch für die aktive Jobsuche genutzt und um sein neues und altes Netzwerk zu aktivieren.
Im Gegensatz zu XING, wo ich eine gute Durchmischung der Kontakte und Branchen feststelle, sind es in LinkedIn vorwiegend Kontakte aus digitalen/ technologischen Bereichen oder Export.
Mit wie vielen Spaniern bist Du ungefähr vernetzt?
Derzeit sind es ca. 100 Kontakte.
Finden sie Dich oder gehst Du pro-aktiv auf sie zu?
Julia Schwertfeger: Ich gehe eher auf sie zu. Egal ob männlich oder weiblich.
Bei XING kommen viel mehr Menschen auf mich zu, weil ich bspw. In einer Gruppe etwas kommentiert habe. Dies passiert mir bei LinkedIn nicht so häufig (bei englischsprachigen Gruppen aber auch nicht!).
Seit wann bist Du selbst ein Mitglied bei LinkedIn?
Seit Januar 2010.
Gibt es etwas besonders Typisches am Verhalten der spanischen Geschäftsleute in internationalen Business-Netzwerken, was Du uns hier noch mitteilen kannst?
Julia Schwertfeger: Im direkten Kontakt ist die Business-Etiquette ganz anders in Spanien als bspw. In Deutschland: Man duzt sich, hält Smalltalk und kommt dann langsam zum Geschäftsteil. Hier in Deutschland läuft es ja genau andersherum: Üblicherweise siezt man sich. Erst kommt das Geschäftliche und dann gerne auch Smalltalk.
In Spanien ist die Begrüßung mit Wangenkuss (bei Männern und Frauen) auch bei Fremden bzw. neuen Business-Kontakten üblich.
Auf LinkedIn spiegelt sich dieses Verhalten nicht wieder, hier ist man eher reserviert. Spanier sind definitiv eine Spezie, die den direkten Kontakt braucht, um sich wohlzufühlen. Online wenden sie diese Zwanglosigkeit nicht an.
Kommunizierst Du auf Englisch oder auf Spanisch?
Julia Schwertfeger: Ich kommuniziere mit den Spaniern natürlich auf Spanisch, mit den Katalanen auf Katalanisch. Alle anderen Kontakte sind englisch- oder deutschsprachig.
Gäbe es eine Chance, mit den spanischen Geschäftsleuten gute Kooperationen aufzubauen, wenn Du nicht so gut Spanisch könntest? Worauf sollte man dann besonders achten?
Die Geschäftsleute „ticken“ je nach Branche sehr unterschiedlich. In digitalen oder technologischen Bereichen ist es leichter und eher akzeptiert auf Englisch zu kommunizieren, während die traditionellen Branchen und kleine Unternehmen nur in ihrer Landessprache kommunizieren. Die Firmengrösse ist ein wichtiger Faktor. Ebenso ist entscheidend, ob man etwas kaufen oder verkaufen möchte. Von Exportabteilungen, die verkaufen wollen, wird man oft auf Englisch angeschrieben, telefonischer Kontakt ist aber wieder schwieriger. Will man etwas verkaufen, ist die Landessprache definitiv wichtig, und noch wichtiger als bei uns, um Vertrauen aufzubauen.
Je nach Region sind die Firmen oft zu 70% Familienbetriebe und es ist extrem schwer hier anzuknüpfen bzw. das Vertrauen zu gewinnen. Hier ist man auf Empfehlungen angewiesen.
Vielen Dank für Deine Offenheit und die interessanten Antworten.
Wer häufiger mit Spaniern zu tun hat, sollte sich m.E. Nach damit beschäftigen und das Profil in beiden Sprachen anlegen. So sieht der Spanier auf den ersten Blick, in welchem Bereich Sie tätig sind. Wie wir gelernt haben, freut sich der Spanier, wenn er in seiner Landessprache angesprochen wird. Hier erfahren Sie, wie man ein mehrsprachiges Profil auf LinkedIn anlegen kann.
Ergänzung:
Einen guten Überblick über die Social-Media-Nutzung der Spanier gibt es in folgendem Beitrag auf LinkedIn:
- Besonders beliebt sind Facebook und WhatsApp.
- 75% der 16-55-Jährigen nutzen das Internet mindestens einmal in der Woche.
- LinkedIn wird pro Woche im Durchschnitt ungefährt 1 h 23 Min genutzt. Der Durchschnittswert für alle Netzwerke liegt bei 2,57 h.
- Das Folgen von Influencern steht im Vordergrund, 85% der Nutzer folgenden den Meinungsführern
- Die Zahl der Kunden, die Social-Media-Netzwerke von Unternehmen nutzen, um den Kundenservice zu kontaktieren, nimmt weiter zu.
- Themen wie Kultur, Technologien und Mode werden besonders gerne online diskutiert
Fotos: Julia Schwertfeger, pixabay