Egal ob Sie Ihr Profil auf LinkedIn ausfüllen, ein Bewerbungsanschreiben formulieren oder bereits im Vorstellungsgespräch sitzen: Sie sollten sich Ihrer Stärken bewusst sein und darüber reden können. Oft beobachte ich im Rahmen meiner Beratung, dass dies zum schwierigsten Teil wird. Langfristig ist es dann leider so, dass viele unter uns den falschen Job wählen, eben weil sie ihre Persönlichkeit und die damit zusammenhängenden Stärken nicht gut genug kennen. Ob Sie noch am Anfang Ihrer beruflichen Karriere stehen oder bereits über 20+ Jahre Berufserfahrung verfügen, jeder Einzelne von uns sollte wissen, in welchem Bereich er Experte ist.
Franziska Ambacher ist Persönlichkeits- sowie Businesscoach und Inspirationsfeuerwerk in einem. Sie berät ihre Kunden in Phasen der Neuorientierung, um schwierige Situationen mutig zu meistern und erfolgreich durchzustarten.
In einem Interview habe ich sie zu den Themen Berufsfindung und persönliche Stärken befragt. Von diesen Tipps können meiner Meinung nach nicht nur die Wechselwilligen unter Ihnen profitieren.
„Gewöhnliche Menschen sind ersetzbar, einzigartige Persönlichkeiten nicht.“
Warum tun sich so viele Menschen schwer, den richtigen Job zu finden?
Franziska Ambacher: Wir lernen weder zu Hause, noch in der Schule oder im Berufsleben, worauf es ankommt, um unsere Berufstätigkeit mit unserer Persönlichkeit in Einklang zu bringen. Dass wir uns gewinnbringend auf dem Arbeitsmarkt positionieren, hängt meiner Erfahrung nach vor allem davon ab, ob wir uns selbst gut kennen und richtig einschätzen. Hinzu kommt, dass die fachlichen Qualifikationen klar im Vordergrund stehen, obwohl die persönlichen Motive ausschlaggebend für die Zufriedenheit am Arbeitsplatz sind. Deshalb arbeiten zwar viele Menschen intensiv an Ihrem Karriereweg, doch ihre Persönlichkeit behandeln sie leider Stiefmütterlich. Genau hier spielt die erfolgversprechende Zukunftsmusik, die uns den Kompass durchs (Berufs-) Leben weist.
Was kann man tun, um sich und seine Stärken besser kennen zu lernen?
Franziska Ambacher: Wer nicht auf die lohnende Entdeckungsreise zu sich selbst geht, der wird wohl bleiben müssen, was er aktuell ist. Jede Art von Veränderung beginnt mit der ehrlichen Reflexion des eigenen Wertekanons, des persönlichen Sinnbedürfnisses und den wichtigsten Stärken. In diesem Erkenntnisprozess helfen die vermeintlichen Orientierungsgeber von außen, wie beispielsweise Persönlichkeitstest, nur bedingt. Wer sich ständig im außen orientiert, riskiert den Zugang zu sich selbst zu verlieren. Das nötige Selbstvertrauen und Selbstbewusstsein kann mittels Methodenwahn nicht entwickelt werden. In der eigenen Biografie liegen alle Erfolgs- und Erfolgsverhinderungsmuster sowie unsere Stärken. In meiner Arbeit konzentriere ich mich deshalb darauf, die wiederkehrenden Muster zu identifizieren und den Kunden an ihrer eigenen Lebensrealität zu zeigen, wie sie ihre Ressourcen nutzen können. In dem Findungsprozess geht es zum einen um eine Art persönliche Werte-Inventur und zum anderen um die Interessen und Neigungen.
Wie kann man sich diesen Findungsprozess vorstellen? Hast Du ein Beispiel?
Um herauszufinden, welche Stärken vorhanden sind, arbeite ich zusätzlich mit einer konkreten Begriffsliste, die hilft, die vom Kunden genannten Lieblingstätigkeiten noch genauer zu spezifizieren. Wer beispielsweise den Begriff „kochen“ auswählt, erkennt selbst schnell, dass hinter dieser Tätigkeit weitere wichtige Hinweisgeber stecken: strategisches Projektmanagement, wie Budget-, Logistik- und Zeitplanung. Diese Lieblingstätigkeiten sind in Wirklichkeit unsere größten Stärken.
Das ist schon interessant. Von der Seite haben das viele sicherlich noch nie betrachtet. Welchen konkreten Tipp kannst Du einem Wechselwilligen für seine Bewerbungsunterlagen geben?
Franziska Ambacher: Als ersten Schritt gilt es sich klar zu werden, ob man die Firma, die Umstände, die Karrierestufe oder den Beruf wechseln möchte. Der zweite Schritt ist dann die Auseinandersetzung mit der eigenen Persönlichkeit. In diesem Zusammenhang höre ich oft den Satz „Ich kann mich so schlecht verkaufen“. Ein authentisches „Personal Branding“ lebt aber genau davon, dass der Einzelne weiß, mit welchem Pfund er oder sie wuchern kann. So wird das Selbstmarketing zu einer lösbaren Aufgabe und bringt gleichzeitig den Bewerber auf Augenhöhe. Wenn der Einzelne weiß, was er über seine fachliche Kompetenz hinaus zu bieten hat, empfehle ich dieses bereits auf dem Deckblatt seines Portfolios übersichtlich zu präsentieren. Gewöhnliche Menschen sind ersetzbar, doch eine einzigartige Persönlichkeit nicht. Das Gleiche gilt bei der Gestaltung einer Homepage oder einer Profilseite in den sozialen Netzwerken, wie LinkedIn und XING. Es geht darum, sich zu seinen Träumen, Visionen und Wünschen zu bekennen und die dazu passenden Menschen wie Unternehmen anzuziehen. Wer hingegen nur auf seine fachlichen Qualifikationen pocht, verschenkt sein größtes Potenzial, bleibt profillos und sorgt auf diese Weise für Beliebigkeit und Einheitsbrei.
Gibt es einen Buchtipp für diejenigen, die sich auf die Suche nach dem eigenen Weg machen wollen?
Franziska Ambacher: Angenehm anders als die üblichen Ratgeber habe ich Gregor Wilbers „Sinnfindung im Beruf“ empfunden (J. Kamphausen Verlag & Distribution GmbH). In diesem Buch wird bewusst auf die ewig gleichen Tipps verzichtet, die doch nicht weiterhelfen. Stattdessen lädt es dazu ein, eine bewusste Haltung zu sich, zum Beruf und zum Leben zu entwickeln. Der Autor ist der gleichen Meinung, dass sowohl persönlicher wie beruflicher Erfolg nicht von Strategien ausgeht, sondern von der jeweiligen Persönlichkeit. Nur so kann der Einzelne kraftvoll und effektiv agieren. Dieses Buch hilft dabei seiner Berufung und damit sich selbst einen großen Schritt näher zu kommen.
Der Buchtipp klingt sehr interessant. Ich habe gesehen, dass es das auch als Kindle-Version gibt. Ich schau da gerne mal rein. Nicht jeder wird nur durch das Lesen eines Buches seine persönliche Sinnfindung finden. Und da kommt eine persönliche Beratung ins Spiel. Welche Menschen lassen sich von Dir unterstützen?
Franziska Ambacher: An mich wenden sich hoch qualifizierte Menschen, die entweder eine gut dotierte (Führungs-)Position im Angestelltenverhältnis bekleiden oder selbstständig tätig sind. Dabei haben beide Kundengruppen eines gemeinsam: sie fühlen sich an irgendeinem Punkt ihrer Tätigkeit tot unglücklich. Meistens geht dem eine längere Leidensgeschichte voraus. Wenn dazu dann noch die eigenen Bedürfnisse und Werte nicht bekannt sind, lebt die Person ein fremdbestimmtes Leben und wird durch die Entscheidungen anderer gelebt. Das Ergebnis kann nur Frustration und Demotivation sein. Um positive Veränderungen einzuläuten hilft hier ein klares Bild von der eigenen Person. Jeder Mensch hat ein großes Talent und damit viel zu bieten. Es wäre die größte Verschwendung dieses Potenzial nicht nach außen zu tragen und für sich und andere zu nutzen.
Vielen Dank für das interessante Gespräch. Franziska Ambacher bietet mit ihrem Unternehmen Changeify an: Coaching, Neuorientierung, Selbstbewusstsein und Konfliktfähigkeit.